Was ist hier eigentlich los?
Überall wird der Fachkräftemangel beklagt, aber das Verhalten von Unternehmen ist weiterhin recht befremdlich
Gerade erst habe ich über die Bemühungen geschrieben, die Unternehmen bewusst in Kauf nehmen um Fachkräfte zu binden, da erreicht mich die Nachricht einer ehemaligen Kollegin, die sich gerade im Markt umsieht und in Bewerbungsprozessen steckt. Was ich da so mitbekomme ist ein Armutszeugnis für die beteiligten Unternehmen.
Nicht nur, dass man potenzielle Bewerber/innen mit mehreren Interviews quält, vor allem die Prozessdauer und die praktisch nicht stattfindende Kommunikation sind katastrophal.
Das ein Arbeitgeber "die Katze nicht im Sack kaufen möchte" ist sicher nachvollziehbar. Also ist es folgerichtig, dass ein strukturierter Auswahlprozess stattfindet. Muss ein solcher Auswahlprozess aber wirklich immer mehrstufig sein und sich wochenlang hinziehen? Betrachten die Unternehmen den Beschaffungsprozess überhaupt einmal aus der Perspektive des Bewerbenden? Klare und schlanke Prozesse sind hier gefragt und vor allem auch Transparenz. Wenn ich als Bewerber wochenlang nicht weiß was los ist, werde ich die Lust an diesem Arbeitgeber verlieren. Da ist die Motivation bereits im Eimer bevor es überhaupt richtig los geht.
Es handelt sich bei diesen konkreten Vorgängen auch nicht um kleine Unternehmen, die ggf. nicht die Kapazitäten hätten sich professionel aufzustellen. Nein es sind international agierende Unternehmen mit professionel organisierten Recruitingbereichen, wobei das "professionel" wohl eher theoretischer Natur ist, wenn man sich das Ganze mal aus Sicht der Bewerberin ansieht.
Es sind übrigens auch Unternehmen die händeringend Fachkräfte suchen und jede Menge Ausschreibungen draußen haben und auch die Fachrichtung gehört nicht zu denen, bei denen es massenhaft Bewerbende gibt. In jedem Fall erstaunt dieses Verhalten sehr und mich würde interessieren, ob es ähnliche Erfahrungen bei den Leserinnen und Lesern gibt.
Eines haben die hier agierenden Unternehmen jedenfalls geschafft, Zitat: "...die hatten zwischenzeitlich noch weitere Stellen draußen, aber da denkt man sich auch, leck mich am Arsch!"
Wenn dies das angestrebte Arbeitgeber Image ist, na dann gute Nacht! Ich bin mir sicher, dass in den Prozessbeschreibungen der betroffenen Unternehmen etwas anderes steht als das wahre Leben hier zeigt.
Eines wurde mir von der Betroffenen auch vermittelt. Die Recruiter sind durchaus fit und wissen worum es geht, die Führungskräfte, also die, die eine Fachkraft benötigen, haben aber ganz offensichtlich noch nicht begriffen, dass sich der Arbeitsmarkt ganz gewaltig geändert hat. Hier haben die Personalbereiche also noch alle Hände voll zu tun, um intern klar zu machen, dass man um Fachkräfte wirklich kämpfen muss.