Krieg mitten in Europa
EInsichten eines ehemaligen Personalleiters der GAZPROM Germania
Von 2015 bis 2017 war ich bei der GAZPROM Germania für den Personalbereich zuständig und habe in dieser Zeit viele tolle Menschen kennenlernen dürfen. Ich weiß durch meine persönlichen Kontakte, wie schockiert der überwiegende Teil dieser Menschen von der aktuellen Situation ist. Wie konnte es nur dazu kommen?
Während der Anbahnung meiner Tätigkeit bei der GAZPROM zeichnete sich die Übernahme der Wingas ab, bis dahin ein Joint Venture von BASF und GAZPROM. Zu diesem Zweck sollte ein serviceorientiertes Personalmanagement etabliert werden. Kurz vor Beginn meiner Tätigkeit besetzte dann Russland die Krim und der Deal wurde auf Eis gelegt. Nur ein halbes Jahr später ging man zur Tagesordnung über und der Deal wurde umgesetzt. Aus meiner damaligen beruflichen Perspektive eine positive Entwicklung, aber rückblickend wohl der Beginn des Ukraine Krieges.
Das Zeichen des Westens an Putin damals war deutlich, Geschäfte sind wichtiger als Völkerrecht oder Menschenrechte. Für Putin ein Zeichen der Schwäche und eine Aufforderung einen Schritt weiter zu gehen.
Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden, der Krieg in der Ukraine wurde nicht vom Westen ausgelöst oder verschuldet und nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt einen Krieg, aber hätte der Westen sich bereits 2014 so deutlich und so konsequent positioniert, wie er es jetzt richtigerweise tut, wäre dieser Krieg möglicherweise zu verhindern gewesen. Genau deshalb ist es heute so wichtig, keine Schwäche zu zeigen und konsequent zu handeln. Nur so kann eine Ausweitung des Konflikts eingedämmt werden.
Übrigens, genau durch den weiter oben beschriebenen Deal sind die großen Erdgasspeicher (nicht nur in Deutschland) in der Hand der GAZPROM. Sogenannte sensible Infrastruktur sollte generell nicht in private Hände oder in die Hände anderer Regierungen gelegt werden. Der Privatisierungswahn hat uns in gefährliche Abhängigkeiten geführt und nun versucht man für teures Geld diese Entwicklung etwas zurückzudrehen. Ob das gelingt bleibt abzuwarten. Ich befürchte momentan eher, dass eine Abhängigkeit durch eine andere ersetzt wird. Als rohstoffarmes Land sollten wir daher eher diversifizieren wo es geht und sensibke Infrastruktur wieder dorthin zurückführen, wo sie hingehört, unter eigene staatliche Kontrolle.
Eins sollte aber auch klar sein, dieser Krieg wird vom Putin Regime geführt und nicht vom russischen Volk. Ein Regime, das auch im eigenen Land gegen demokratische Kräfte vorgeht. Die Tür nach Russland sollte daher nicht zugeschlagen werden, sondern die demokratischen Kräfte in Russland sollten weiterhin unterstützt werden. Perspektivisch ist dann sicherlich die Einbindung Russlands in eine weltweite Sicherheitspoloitik anzustreben.
Uns allen wünsche ich, dass dieser Konflikt möglichst schnell beendet werden kann.