Ist CORONA wirklich der Digitalisierungsbooster?
Bei den aktuellen Projektanfragen stehen Digitalsierungsthemen ganz oben - aber geht das alles einfach so???
Gerade im Personalmanagement ist der Nachholbedarf zum Thema Digitalisierung riesig, aber häufig passen die Erwartungshaltungen aus meiner Sicht nicht zur Realität. Warum ist das so? Zunächst nehmen viele Personalverantwortliche die Basics der Personalarbeit gar nicht war und konzentrieren sich oft und gern auf die sogenannten strategischen Themen, wie Unternehmenskultur, Kompetenzmanagement oder auch Talentmanagement. Ohne Basics wird man aber solche Themen nicht erfolgreich realisieren können. Wenn also bei den Basics, wie Stammdatenverwaltung, Bescheinigungswesen, Vertragsmanagement oder auch Entgeltabrechnung noch die manuellen Arbeit im Fokus steht, braucht man sich um Digitalisierung bei den anderen Themen eigentlich nicht zu kümmern. Personalarbeit ist sehr stark dokumentengetrieben (Bescheinigungen, Formulare, Verträge und und und). Hier greift die Digitalisierung am schnellsten und hat unschätzbare Effekte auf die Organisation. Was ist dabei zu beachten?
Zunächst, hole die Daten dort ab, wo sie entstehen! Änderungen bei persönlichen Daten kennen die Betroffenen viel besser als Sachbearbeiter(innen) in einer zentralen Personalabteilung, also lasst bitte die Betroffenen die persönlichen Daten selbst pflegen. Hierfür brauchen wir keine Formulare, Liegezeiten, Transportzeiten und Übertragungsfehler. Zu den persönlichen Daten gehören nicht nur Bankverbindung, Adresse und Notfallkontakte sondern auch Kompetenzen. Selbsteinschätzungen sind übrigens in der Regel dabei deutlich kritischer als Fremdeinschätzungen.
Vermeide unnötige Genehmigungsschritte! Auch hier sind wir im Personalmanagement Weltmeister. Manchmal hat man den Eindruck, hauptsache kompliziert und so viele Beteiligte wie möglich und nicht wie nötig. Bei der Konzeptionierung solcher Genehmigungsschritte sollten in jedem Fall auch Vertretungsregeln berücksichtigt werden. Zwar sollten moderne IT-Systeme solche Prozesse zeit- und ortsunabhängig unterstützen können, dennoch sind in vielen Situationen Vertretungsreglungen sinnvoll. Unnötige Wartezeiten sollten in einem Prozess auf jeden Fall vermieden werden.
Möglichst keine Medienbrüche! Wenn es denn unvermeidbar ist, dann sollten die genutzten Dokumente Kennzeichnungen tragen, mit denen ein digitaler Prozess wieder aufgenommen werden kann. Das gelingt ganz gut mit aufgedruckten Barcodes auf den Dokumenten, die dann maschinell lesbar sind.
Unterschriften nur dann, wenn rechtlich notwendig! Ein Großteil der im Personalmanagement genutzten Dokumente sind Bescheinigungen oder Informationen, hier kann zum Teil gänzlich auf Unterschriften verzichtet werden. Beim Rest sollte eine digitale Signatur ausreichend sein. Das gilt selbst bei einer Vielzahl von Vertragsunterlagen. Nach meiner Kenntnis benötigen wir eine "echte" Unterschrift nur noch bei Vertragsauflösungen und bei befristeten Arbeitsverträgen.
Es ist also eine ganze Menge in der digitalen Welt umsetzbar. Wenn man bei den Basics die Hausaufgaben gemacht hat, werden auch Kapazitäten frei für die strategischen Personalthemen. Hier lässt sich auch einiges digital unterstützen, aber in vielen Fällen geht es hier auch um zwischenmenschliche Themen. Ja, man kann Stellenprofile und Kandidatenprofile matchen und darüber die Passung indizieren. Eine finale Entscheidung sollte aber auf Basis eines persönlichen Gespräches erfolgen. Ja, man kann viele Weiterbildungen auch digital abbilden oder zumindest digital unterstützen, aber gerade im Soft Skill Bereich ist der persönliche Austausch mit Trainern und Coaches von besonderer Bedeutung. Ja man kann bei der Wissensbereitstellung intelligente Systeme zur Verfügung stellen, aber auch diese Systeme benötigen jemanden, der sie anlernt. Künstliche Intelligenz heißt nicht, das alles von der Maschine übernommen wird, sondern dass die Maschine lernfähig ist und demnach angelernt werden muss.
CORONA hat sicher in vielen Unternehmen den Bedarf an Digitalsierungsmaßnahmen offen gelegt. Jetzt geht es aber darum nicht blind drauf loszulegen, sondern gezielt Maßnahmen zu ergreifen, die einen möglichst hohen Nutzen für die Organisation darstellen. Ansatzpunkte gibt es viele, aber es sind Abhängigkeiten zu identifizieren und Prioritäten zu setzen. Bei zu vielen Bällen in der Luft, fällt sonst zu schnell einer herunter!
Einen Mitschnitt des Webinars "Digitalisierung - Was heißt das für HR?", dass wir gemeinsam mit unserem Partner Faircoach durchgeführt haben, ist über den folgenden Link erreichbar.