1. September 1939 / 1. September 2024
85 Jahre nach Beginn des 2. Weltkrieges werden in Deutschland wieder Nazis gewählt
Am Sonntag waren in Sachsen und Thüringen Wahlen. In beiden Landesparlamenten haben Nazis im Rahmen demokratischer Wahlen massive Stimmanteile gewonnen. Woran liegt das? Klar, man kann mit der Regierungsarbeit unzufrieden sein, aber kann das wirklich ein Grund sein, wissentlich Nazis zu wählen, also politische Kräfte, die unserem Land mit absoluter Sicherheit erheblichen Schaden zufügen werden?
Ich höre immer wieder, dass der Osten so stark benachteiligt ist und man daher kein Vertrauen mehr in die etablierten Parteien hat. Sorry, ich bin aus dem Osten und ich kann diese Argumente nicht ansatzweise nachvollziehen.
Ja, in der Nachwendezeit ist viel Mist passiert. Ungeliebte Konkurrenz wurde platt gemacht, dubiose Geschäfte mit der Treuhand wurden abgewickelt und einige wenige haben ordentlich an solchen Geschäften verdient. In der Folge gab es eine gewaltige Abwanderung von Fachkräften in den Westen und ganze Regionen sind förmlich ausgeblutet. Daran ist sicher nichts schön zu reden.
Auch ich musste Ungerechtigkeiten erfahren, so wurde mein berufsbegleitendes Studium (Elektroingenieurswesen - Abschluss 1993) nicht als Diplomstudiengang in den alten Bundesländern anerkannt. Wahrscheinlich war man der Meinung, dass die Naturgesetze in Ost und West unterschiedlich sind. Ich musste also nach 5 Jahren berufsbegleitendem Studium nochmal 2 Jahre drauf packen. War ich deswegen sauer? Ja! Empfand ich das als arrogant und ungerecht? Ja! Wähle ich deswegen Nazis? Nein!!!
Es hängt sicher sehr viel an der Sozialisierung in Ost und West. Im Osten hatte man individuell nur sehr begrenzte Möglichkeiten und der Staat hat weitestgehend alles vorbestimmt. Im Westen musste man sich von Beginn an um sich selbst kümmern, wer da nicht hinterherkam wurde abgehängt. Diese Mentalität ist bis heute prägend und führt dazu, dass man sich zumindest in Teilen im Osten eine starke Führung wünscht, die einem eigene Entscheidungen weitestgehend abnimmt. Ich habe das (leider) auch im beruflichen Umfeld oft erleben müssen.
Auch wenn gigantische Summen in die neuen Bundesländer investiert wurden, wird dies häufig nicht wirklich war genommen. Die Infrastruktur im Osten wurde deutlich verbessert und ist vielerorts um einiges besser als in den alten Bundesländern. Ja, es gibt Defizite, aber alles in allem geht es den Menschen in den neuen Bundesländern heute deutlich besser als 1989. Wer sich dann noch auf Diskussionen zur aktuellen Situation einlässt, sollte sich vor Augen führen, dass trotz internationaler Konflikte und gewaltigen Flüchtlingsströmen die gesamtwirtschaftliche Situation in diesem Land nicht wirklich schlecht aussieht. Die Inflation liegt unter 2 %, der DAX ist auf Rekordkurs, die Energiepreise und vor allem die enorme Abhängigkeit von russischem Gas und Öl sind gesunken, die Arbeitslosigkeit ist moderat, das Wirtschaftswachstum könnte besser sein, aber wir sprechen über Wachstum und nicht über ein mögliches Schrumpfen.
Dennoch wird das große Elend propagiert und eine beträchtliche Anzahl von Menschen wählt die Rechtsaußen. Häufig wird betont, dass dies aus Protest gegen die etablierten Parteien geschieht. Das ist jedoch blanker Selbstbetrug. Fakt ist, dass man wissentlich Nazis ins Parlament wählt. Da gibt es nichts zu beschönigen. Niemand kann behaupten, man habe doch nicht gewusst, was man da wählt. Doch, jeder, der sein Kreuz bei der AfD gesetzt hat, hat gewusst das er Nazis wählt. Es gibt dafür keine Ausreden. Die wahre Begründung wäre nur, dass man niemals selbst schuld an der eigenen Situation ist. Es müssen immer andere sein. Im Idealfall Ausländer, von denen man in den neuen Bundesländern im Vergleich zu den alten Bundesländern jedoch nur eine sehr überschaubare Menge sieht. Und wenn es nicht die Ausländer sind, dann eben die Sozi’s oder die Grünen. Aber auf gar keinen Fall das eigene Verhalten oder womöglich noch die eigene Bequemlichkeit.
Auch wenn man es nicht gern hört, Deutschland bleibt ein Exportland und benötigt daher gute internationale Beziehungen. Unser Arbeitsmarkt ist kritisch, weil uns auf Grund der Altersstruktur in den nächsten Jahren mehrere Millionen Arbeitskräfte fehlen werden. Das heißt wir benötigen Rahmenbedingungen, die Deutschland als Einwanderungsland für ausländische Fachkräfte attraktiv erscheinen lassen. Das alles wird mit einer AfD nicht realisierbar sein.
Wer also wirklich aktuelle Politik verbessern will, bekommt gefälligst den eigenen Hintern hoch und bringt sich selbst aktiv in den Meinungsbildungsprozess ein. Die Möglichkeiten dazu sind vielfältig.
Weil das alles so ist, ist es wichtig das Unternehmen klar und deutlich Position beziehen. Ein sehr positives Beispiel war in der letzten Woche Edeka, mit einem sehr klaren Statement.
Ich selbst durfte mit Menschen unterschiedlicher Nationalitäten studieren, ich konnte in international agierenden Unternehmen arbeiten und darf Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zu meinen Freunden zählen. Ich bin dankbar dafür und ich möchte, dass dies so bleibt und dass meine Kinder und Enkel die gleichen Möglichkeiten haben.
Informiert Euch und unterstützt Menschen, die sich gegen Rechts stellen.